Ein durchschnittlicher Pkw-Parkplatz benötigt inklusive Rangierfläche etwa 12,5 Quadratmeter. Auf derselben Fläche können, je nach Anordnung, zwischen 6 und 10 Fahrräder abgestellt werden. Ein Parklet – also eine kleine öffentliche Oase mit Sitzgelegenheiten und Bepflanzung – oder ein Schanigarten, die saisonale Erweiterung einer Gastronomiefläche, nutzen diesen Raum für eine Vielzahl von Menschen.

Ein weit verbreitetes Argument für die Beibehaltung von Parkplätzen vor Geschäften ist die angebliche höhere Kaufkraft von Autofahrern. Zahlreiche Studien widerlegen jedoch diese Annahme.

Die Illustration von Urbis aus Australien zeigt auf einen Blick, wie viel Umsatz eine einzige Auto-Stellfläche pro Tag abwirft – und wie viel mehr herauszuholen ist, wenn derselbe Raum anders genutzt wird. Während Autos meist 95 % der Zeit ungenutzt herumstehen, erwirtschaftet ein zehn Leute fassendes Gastro-Parklet Einnahmen über den gesamten Öffnungszeitraum. Die City of Melbourne belegte 2021, dass ihr Programm für erweiterte Außengastronomie durchschnittlich 1.660 AUD Mehrumsatz pro Woche und Betrieb brachte:

  • Autoparkplatz (blau): 950 AUD Tagesumsatz
  • Fahrradständer (grün): 1.700 AUD Tagesumsatz
  • Dining-Parklet (rot): 1.660 AUD Tagesumsatz

* Alle Werte in 2021-Australischen Dollar. Annahmen u. a.: 1,2 Personen pro Auto, 6 Fahrräder Stellplatz, 10 Sitzplätze im Parklet, unterschiedliche Belegungs- und Öffnungszeiten.

Drei Kernaussagen

  • Fahrräder schlagen Autos – deutlich. Schon sechs Stellplätze für Bikes generieren fast das Doppelte des Umsatzes eines Autos. Das bestätigt frühere Feldforschung aus der Lygon Street in Melbourne: Dort setzte eine auf zwei Autoparkplätzen errichtete Fahrrad-Anlage pro Quadratmeter fast viermal so viel Geld um wie die ursprünglichen Stellplätze. Taylor & Francis Online
  • Mehr Aufenthaltsqualität zahlt sich flächendeckend aus. Wo der Straßenrand menschenfreundlicher gestaltet wird, steigen typische Kennzahlen wie Fußgängerfrequenz, Verweildauer und Einzelhandelsumsatz – egal ob Parklet, Rad Stellplatz oder breiter Gehweg. Beispiele reichen von Salt Lake City (+8,8 % Retail-Umsatz nach Entfall von 30 % der Autoparkplätze) bis zu Torontos Bloor Street, wo der Ersatz von 136 Parkplätzen durch einen Radweg die monatlichen Kundenausgaben erhöhte. peopleforbikes.org

Internationale Beispiele

  • New York City fand bereits 2013 nach dem Umbau von Columbus Avenue und 9th Avenue mit geschützten Radwegen Umsatzzuwächse von 20–49 % im Vergleich zu Kontrollstraßen. NYC DOT
  • Bloombergs Überblick aus 2015 bündelt die bis dahin verfügbare Forschung zu „Parkplätze vs. Radstreifen“ und kommt – über viele Städte, Kontinente und Methoden hinweg – stets zum gleichen Ergebnis: Umsatzverluste bleiben aus, häufig steigen die Einnahmen sogar. Bloomberg

Stadt-/Regionsstudien im Überblick

  • Portland (OR): Befragung von 78 Betrieben – Rad- & Fußkundschaft gibt pro Monat ähnlich viel aus wie Autofahrer, besucht Geschäfte aber häufiger. NACTO
  • East Village, NYC: Nur 5 % der Kunden kamen mit dem Auto; Nicht-Autofahrer sorgten für 95 % des Umsatzes. nyc.streetsblog.org
  • York Blvd., Los Angeles: Nach Road-Diet + Radstreifen stiegen die lokalen Umsatzsteuern auf der umgebauten Abschnittseite doppelt so stark. NACTO
  • Bloor St., Toronto: Ersatz von 136 Parkplätzen durch geschützte Radspur führte zu höheren Monatsumsätzen und +50 % Radverkehr. Wikipedia
  • Auckland/Christchurch/Wellington: In neun Einkaufszonen gaben Autofahrer pro Besuch mehr aus (47 NZ$ vs. 34 NZ$), Rad- & Fußgänger jedoch mehr pro Monat. nzta.govt.nz
  • Dublin (Grafton & Henry St.): Händler überschätzten Autokunden, unterschätzten Radler; Monatsumsatz Rad 228 € ≈ Auto 237 €. arrow.tudublin.ie
  • Vancouver Downtown: Stantec-Studie fand nach Bau getrennter Radwege keinen negativen Effekt auf Verkaufsflächen oder Mieten. council.vancouver.ca

Autofahrer kaufen – gemessen am Einzelticket – oft etwas mehr, aber Rad- und Fußkundschaft kommt häufiger vorbei. Auf die Fläche (oder eine Parkbucht) gerechnet, übertrifft der Umsatz daher fast immer den der Autoparkplätze.

Was heißt das für deutsche Kommunen?

  • Daten sammeln für offene Kommunikation: Händler-Sorgen ernst nehmen, aber faktenbasiert entkräften. Wie die Beispiele zeigen, kann weniger Asphalt mehr Umsatz bedeuten. Erfolgsgeschichten helfen, Vorbehalte bei Gewerbetreibenden abzubauen.
  • Pilotieren & Messen: Temporäre Parklets, Schanigärten oder „Summer Streets“ liefern schnell belastbare Zahlen zu Frequenzen, Kassenbons und Aufenthaltsdauer.
  • Nutzungsmix anstreben: Ein Straßenrand, der je nach Tageszeit Rad-, Liefer- oder Außengastro-Flächen bietet, maximiert Wirtschaftskraft und Lebensqualität.

Synthese — Warum der richtige Mix zählt

Viele der Kennzahlen aus Studien beziehen sich jeweils nur auf eine einzelne Stellfläche. Dehnt man eine Nutzung über viele Flächen aus, nimmt ihr Grenzertrag ab – und zwar unterschiedlich schnell bei Autoparkplätzen, Fahrradabstellanlagen und Außengastronomie.

Kurz gesagt: Ein ausgewogener Mix aus allen drei Nutzungen erzielt in den meisten Einkaufsstraßen die höchste ökonomische Gesamtrendite, wobei das optimale Verhältnis je nach Lage und Zielgruppe variiert.

Mehr Platz für Menschen lohnt sich – aber die konkrete Aufteilung sollte immer standortspezifisch geplant und regelmäßig evaluiert werden.