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Verwertungsstrategien für Wärmedämmverbundsysteme mit EPS
Mittwoch, 13. März 2024 | Online Event
Analyse, Alternativen und Herstellerverantwortung im Fokus eines Forschungsprojektes der FH Münster
Wärmedämmverbundsysteme werden immer wieder kontrovers diskutiert. Fakt ist, dass bis 2022 ca. 1,4 Mrd. m² WDVS verbaut wurden, wovon knapp 80 % EPS-basiert sind. Anhand der Lebensdauer lässt sich prognostizieren, dass in den kommenden Jahren ein nicht unerheblicher Stoffstrom auf uns zu kommt.
Die heutige Entsorgung wird den Anforderungen an Ressourcen- und Umweltschutz nicht gerecht. Daher werden potenzielle alternative Verwertungsmöglichkeiten und -strategien aufgezeigt, welche die FH Münster im Rahmen eines Forschungsprojektes beleuchtet hat. Die Diskussion soll auch die Rolle und Verantwortung des Herstellers aufgreifen.
Event-Zusammenfassung (KI)
Verwertungsstrategien für Wärmedämmverbundsysteme mit EPS
Im Rahmen der Veranstaltung „Verwertungsstrategien“ diskutierten Experten über innovative Ansätze zur Wiederverwertung von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) in der Kreislaufwirtschaft. Unter den Teilnehmern befanden sich renommierte Fachleute wie Dr. Eike Messow, Gotthard Walter vom Ivaro Institut für Wasserressourcen und Umwelt sowie Ole Weber von der Fachhochschule Münster. Ziel war es, nachhaltige und effiziente Lösungen für die Verwertung von WDVS zu erörtern, die zunehmend im Fokus der Bauwirtschaft stehen.
Herausforderungen bei der Entsorgung von WDVS
Gotthard Walter wies auf die besonderen Herausforderungen bei der Entsorgung von WDVS hin, insbesondere wenn diese expandiertes Polystyrol (EPS) enthalten. EPS, ein seit den 1960er-Jahren weit verbreitetes Dämmmaterial, stellt wegen seiner chemischen Zusammensetzung besondere Anforderungen an das Recycling. Ein wesentlicher Punkt ist der Umgang mit der bis 2015 eingesetzten Chemikalie Hexabromcyclododecan (HBCD), die mittlerweile verboten ist. Walter unterstrich: „Wir brauchen alternative, effizientere Verwertungswege für diesen Stoffstrom.“ Hierbei ist die getrennte Sammlung und Beförderung des Materials von zentraler Bedeutung, um die strikten Vorschriften einzuhalten.
Innovative Ansätze zur Verwertung
Der klassische Weg der thermischen Verwertung in Müllverbrennungsanlagen trifft auf erhebliche Hürden. Walter hob den hohen Heizwert und die mineralischen Anteile hervor, die nach der Verbrennung als Asche entsorgt werden müssen und die Aufnahmebereitschaft der Einrichtungen senken. Die Entsorgungskosten von bis zu 1.000 Euro pro Tonne verdeutlichen zusätzlich die Dringlichkeit neuer Lösungen.
Eine vielversprechende Alternative stellt die werkstoffliche Verwertung dar, bei der aus dem Polystyrol neues Granulat erzeugt wird. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass nur sortenreines EPS verwendet wird. Ein weiterer innovativer Ansatz ist das Lösemittelverfahren von PolyStyreneLoop, das auf dem vom Fraunhofer-Institut entwickelten CreaSolv-Verfahren basiert und die Rückgewinnung von Brom ermöglicht. Dieses Verfahren wird bereits in der Praxis eingesetzt und zeigt seine Tauglichkeit in der Wiederherstellung von Polystyrol.
Verwertung von Baurestmassen in der Zementindustrie
Alternativ zur thermischen Verwertung stellt die Verbringung der WDVS-Reste zur stofflichen Verwertung in der Zementindustrie eine wirtschaftlich interessante Option dar. Hierbei ist die Zerkleinerung des Materials auf eine definierte Korngröße notwendig, um die Anforderungen hinsichtlich Flugfähigkeit und Schwermetallgehalt zu erfüllen. Walter hob hervor, dass der Einsatz solcher Sekundärbrennstoffe mit einem Anteil von etwa 70 Prozent in Zementwerken bereits gängige Praxis ist. Die hohen Brennstofftemperaturen von bis zu 2.000 Grad bieten ideale Bedingungen für alternative Brennstoffe. „Wir haben hier an dieser Stelle dieses Delta, im Grunde genommen eben die Spanne, die mich die Entsorgung im Zementwerk kosten dürfte, damit ich die gleichen Kosten wie bei der Verbrennung hätte“, erläuterte Walter.
Praktische Ansätze und technologische Fortschritte
Dr. Eike Messow und Damian Granacher betonten die Bedeutung der Kreislauffähigkeit von WDVS, die maßgeblich durch die Trennbarkeit der Materialkomponenten bestimmt wird. Eine interessante Innovation stellt die Einführung eines neuen Dübels dar, der im Kreislaufwirtschaft-Konzept integriert ist und die Demontage von WDVS erleichtert, ohne Klebeverbindungen zu benötigen.
Trotz solcher Fortschritte stehen die Beteiligten noch vor der Herausforderung, Fraktionen wie EPS sortenrein zurückzugewinnen. „Mit 155.000 Tonnen WDVS-Abfall im Jahr 2030 sind die Mengen noch zu gering, um einen effizienten Recyclingmarkt zu etablieren", so Messow. Das PolyStyrene Loop-Verfahren, welches auf einer von Fraunhofer entwickelten Pilotanlage basiert, verspricht bedeutende Fortschritte und könnte potenziell auf ganz Deutschland ausgeweitet werden, wenn wirtschaftliche und logistische Herausforderungen gemeistert werden. Hierbei sind lokale Baustellenschutt-Aufbereiter eine entscheidende Schnittstelle.
Zukunftsperspektiven
Die Diskussion über Verwertungsstrategien machte deutlich, dass nachhaltige und effiziente Lösungen für die Wiederverwertung von WDVS möglich sind, jedoch sorgfältige Planung und Umsetzung erfordern. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Messow resümierte: „Lasst uns mit ein bisschen Pragmatismus die Sachen angehen und einfach mal testen.“ Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines praxisnahen Ansatzes, um die Zirkularität von Baumaterialien zu steigern.
Die Zukunft der Verwertungsstrategien im Bereich der Dämmsysteme liegt in der Zusammenarbeit und in der Berücksichtigung von Marktanforderungen sowie ökologischen Standards. Ein solcher integrativer Ansatz kann dazu beitragen, sowohl den wirtschaftlichen als auch den umwelttechnischen Anforderungen gerecht zu werden, was die Veranstaltung eindrucksvoll verdeutlicht hat.
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