Building Circular
Digitaler Produktpass – Wozu braucht es noch Madaster?
Dienstag, 4. März 2025 | Online Event
Materialtransparenz zwischen Regulierung und Praxis
Die EU-Ökodesign-Verordnung macht den Digitalen Produktpass (DPP) bis 2027 zur Pflicht – ein entscheidender Schritt für mehr Transparenz und Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie. Doch welche Rolle spielen bestehende Materialkataster wie Madaster in diesem neuen Kontext?
In unserem BUILTWORLD-Panel beleuchten führende Expert:innen die aktuellen Entwicklungen:
- Regulatorische Anforderungen: Was genau fordert die EU-Ökodesign-Verordnung in Bezug auf den DPP?
- Technische Standards: Wie ist der Stand auf CEN-Ebene – CEN/TC 350/SC 1/WG 4 „Circular related information in construction works“?
- Normung in Deutschland: Welche Rolle spielt der DIN- und DKE-Gemeinschaftsausschuss „Digitaler Produktpass“?
- EPDs und DPP: Wie hängen Umweltproduktdeklarationen (EPDs) und der Digitale Produktpass zusammen?
- Nationale Umsetzung: Wie wird das Thema in deutsches Recht überführt?
Erfahrt aus erster Hand, wie sich die regulatorische und technologische Landschaft entwickelt – und welche Implikationen das für die Bau- und Immobilienbranche hat.
Event-Zusammenfassung (KI)
Im Rahmen des Webinars „Digitaler Produktpass – Wozu braucht es noch Madaster?“ kamen renommierte Experten zusammen, um über die Anwendungsmöglichkeiten und Herausforderungen der Digitalisierung im Produktlebenszyklus zu diskutieren. Zu den Teilnehmern der Veranstaltung zählten unter anderem Dr. Patrick Bergmann, Christian Blanke und Dagmar Elisabeth Parusel, die den Digitalen Produktpass (DPP) als zentrales Element für die zukünftige Gestaltung der Kreislaufwirtschaft identifizierten.
Der digitale Produktpass ist als Instrument konzipiert, um Kreisläufe in der Produktentwicklung zu schließen und sowohl für Hersteller als auch Verbraucher und die Umwelt relevante Informationen bereitzustellen. „Echte Kreislaufwirtschaft ohne Digitalisierung ist nicht denkbar“, betonte Dagmar Elisabeth Parusel. Diese Feststellung unterstreicht die Notwendigkeit, Produktionsprozesse so zu gestalten, dass eine lückenlose Rückverfolgbarkeit bis zur Materialgewinnung möglich wird. Dabei ist die Transparenz über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts entscheidend für die Implementierung nachhaltiger Praktiken.
Christian Blanke brachte den Bausektor als Anwendungsfall für den digitalen Produktpass ins Gespräch. Besonders die Gebäudestrukturen erfordern eine präzise Erfassung und Darstellung der einzelnen Bauteile und Produkte. „Die Informationen der einzelnen Bestandteile eines Gebäudes müssen in ihrer Gesamtheit digital erfasst werden“, erklärte Blanke. Dies sei notwendig, um eine detaillierte Ökobilanz erstellen und den Lebenszyklus von Gebäuden umfassend darstellen zu können. Ein zentrales Hindernis dabei ist jedoch die noch unzureichende Datenverfügbarkeit seitens der Hersteller.
Im Zuge zunehmender Anforderungen an den Umweltschutz und die Nachhaltigkeit steht die Bauwirtschaft vor der Herausforderung, Mindestquoten an Recyclingmaterial zu erfüllen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Dr. Patrick Bergmann erläuterte, dass in diesem Kontext oft Quoten von mindestens 20 Prozent Recyclingmaterial gefordert werden. „Datengetriebene Analysen der verbauten Materialien sind essenziell“, fügte Bergmann hinzu. Diese Analysen können wesentlich zur Reduzierung der Umweltauswirkungen beitragen.
Dessen ungeachtet existieren bereits erste Anbieter, die individuelle Produktpässe erstellen. Doch diese Lösungen basieren meist noch auf händischen Beratungsleistungen, führte Bergmann aus. Ein standardisierter Prozess für Datendigitalisierung und -pflege ist dringend erforderlich, um Kompatibilität und Standardisierung zwischen verschiedenen Angeboten zu gewährleisten. Nur durch standardisierte Schnittstellen kann die bürokratische Belastung reduziert werden – ein Vorhaben, das Blanke folgendermaßen beschreibt: „Ein Entbürokratisierer, wenn wir nicht mehr händische Arbeit machen müssen.“
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion war das europäische Bestreben nach Produktnormung und Zertifizierung. Dr. Patrick Bergmann hob hervor, dass ein Gebäude nicht als singuläres Produkt, sondern als Komplex aus vielen spezifischen Einzelkomponenten betrachtet werden sollte. Für jede Komponente müssen spezifische Anforderungen und Informationen transparent zugänglich sein. Diese detailreiche Betrachtungsweise erstreckt sich auch auf Themen wie Toxizität und CO2-Emissionen, die über den gesamten Bau-Lebenszyklus berücksichtigt werden müssen.
Die Implementierung des DPP soll aber nicht nur die Transparenz und Nachhaltigkeit fördern, sondern auch die Wertschöpfungsprozesse im Bauwesen verbessern. Durch die Integration standardisierter Technologien und die Schaffung produktneutraler Austauschplattformen, wie von Wolfgang Moderegger angedeutet, kann der Austausch zwischen verschiedenen Akteuren erheblich gefördert werden. Dies wäre ein drastischer Schritt zur Überwindung der Fragmentierung des Marktes und könnte innovative Technologien effizienter integrieren.
Die Einführung des digitalen Produktpasses als standardisiertes Werkzeug in der Bauwirtschaft hat das Potenzial, wesentliche Fortschritte in Bezug auf Transparenz und Effizienz zu erzielen. Die im Webinar geführten Debatten legen den Grundstein für die zukünftige Entwicklung einer transparenten, nachhaltigen und effizienten Bauindustrie. Um diese Vision zu verwirklichen, sind jedoch klare Definitionen, einheitliche Standards und eine durchgehende Digitalisierung unabdingbar. Der digitale Produktpass stellt somit weitaus mehr dar als nur ein administratives Instrument. Er bietet die Möglichkeit, das volle Potenzial der Kreislaufwirtschaft zu entfalten und somit einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung ökologisch verantwortlicher Baupraktiken zu leisten.
Panelisten
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